Der 40-jährige Bundesligaspieler fährt künftig 260 Kilometer für ein Drittliga-Match im Buchenloch. Warum er seine Heimat verlassen hat und Tischtennis für ihn Familiensache ist.
Dienstagnachmittag im Buchenloch. Die Halle ist gefüllt mit Tischtennisplatten. In rasantem Tempo schießen die Bälle über die Netze. Die Spieler sind hoch konzentriert. Ein paar Jungs laufen mit Keschern durch die Reihen, mähen die Bälle vom Boden auf, leeren sie in eine Kiste, aus der sie sofort wieder geholt und über die Platte gedonnert werden. Trainingstage im Buchenloch, mit Jungstars und erfahrenen Cracks, die ihnen was beibringen. Und mittendrin Xi Wang und seine Frau Tanjing, für die die TSG Kaiserslautern eine noch neue, aber konsequente Station auf dem Weg ist, auf dem sie ihren Tischtennistraum leben.
Ohne ihr Hobby, das sie schließlich zum Beruf gemacht haben, hätten sie sich nie kennengelernt, erzählen sie im RHEINPFALZ-Gespräch. Xi Wang lebte in Südchina, seine Frau im Norden. Und dann sahen sie sich bei den internationalen chinesischen Tischtennis-Meisterschaften in Peking. Volltreffer. Die beiden wurden ein Paar und leben seitdem ihr Leben für den Sport gemeinsam. „Ich liebe Tischtennis“, sagt Xi Wang und berichtet, dass er in China Nationaltrainer war, dass er es dort als Abwehrspieler schwer gehabt habe, an die Spitze zu kommen. In Deutschland sei sein Name bekannt gewesen, „und ich wurde gefragt, ob ich nach Deutschland kommen will“, erzählt er. Und seine Frau ergänzt, dass Tischtennis zu spielen sein großer Traum sei und dass sie sich deswegen entschieden, nach Deutschland zu gehen. Die Bundesliga dort sei schließlich eine der besten Ligen der Welt.
2007 Bundesligadebüt bei ehemaligem Boll-Klub
Xi Wang gab 2007 sein Bundesligadebüt beim TTV Gönnern. Dem Verein, in dem sein großes Idol Timo Boll 1996 zum ersten Mal in der Bundesliga antrat. Wang wechselte später nach Fulda spielte elf Jahre lang für Fulda-Maberzell. 2019 verstärkte er das Bundesligateam des ASV Grünwettersbach.
Dass er jetzt vier Jahre später geht, schmerzt den Verein im Stadtteil von Karlsruhe. Außer ihm hat noch ein Großer den ASV verlassen, Deni Kozul, der in die polnische Liga gewechselt ist. Der ASV Grünwettersbach steht jetzt vor einem Neuanfang, hat sich mit dem SC Wettersbach zusammengetan und geht als ASC Grünwettersbach in seine zehnte Bundesligasaison – während der chinesische Starspieler zum Drittligateam nach Kaiserslautern wechselt. Zwischendrin waren Gerüchte aufgekommen, der Chinese wechsele nach 17 Jahren Tischtennis-Bundesliga ins Ausland, doch dem ist nicht so.
Xi Wang trainiert weiter bei seinem alten Verein
„Wir haben mitbekommen, dass er was anderes sucht“, erzählt TSG-Sportwart und Mannschaftsbetreuer Bijan Kalhorifar, wie der Kontakt zustande kam. „Ich habe gesagt, einen Xi Wang kann man nicht ablehnen.“ Die Beiden trafen sich in Karlsruhe. „Er ist sehr nett“, war Wangs erster Eindruck vom TSGler. Kalhorifar berichtete ihm von den Plänen und dem großen Ziel der Buchenlocher, die in die Zweite Bundesliga wollen. Der Chinese fand die Idee spannend. Er ist einer, der realistisch bleibt. „Ich bin 40, bin nicht mehr jung, Kaiserslautern liegt nicht so weit weg von Grünwettersbach.“ Er sagte zu und pendelt jetzt erst mal. Eineinhalb Stunden, 130 Kilometer weg liegt sein Wohnort vom Buchenloch. Er trainiert weiter bei seinem alten Verein, bei dem seine Frau als Trainerin arbeitet, übt mit den Bundesligaspielern und will dann jeweils für die Drittligabegegnungen nach Kaiserslautern fahren. Wang arbeitet weiter als Trainer, bildet junge Talente aus. Die Tochter der beiden ist inzwischen sechs Jahre alt und bei fast allen Spielen dabei. Ob sie Talent für mehr hat? Tanjing Wang lächelt. „Das kann man noch nicht sagen. Sie spielt noch nicht lange.“
An jenem Dienstag im Buchenloch war sie auch in der Halle, spielte auf der Weichbodenmatte, während ihre Eltern Bälle über die Platten feuerten. Ihre Mutter half mit bei der Ausbildung der Talente. Mannschaftsspieler waren dabei, Nachwuchstalente der TSG, aber auch auswärtige Gäste wie Faraz Shakiba, ein Ausnahmetalent aus dem Iran. Der Zwölfjährige, der die Bälle so schnell und präzise zu Tanjing Wang zurückdonnerte, dass auch sie hochkonzentriert und schnell reagieren musste, war über Kalhorifar nach Kaiserslautern gekommen, der Kontakte zum iranischen Verband hat. Shakiba habe ein Sondervisum, mit dem er im Schengenraum reisen und auch bei Turnieren mitspielen dürfe, erzählt der Mannschaftsbetreuer.
Erstes TSG-Heimspiel der Saison am 22. September
Es ist 16 Uhr. Das Trainingscamp für die rund 30 Spieler zwischen zehn und 27 Jahren läuft seit 10 Uhr und keiner denkt ans Aufhören. Faraz Shakiba reibt sich das Handgelenk. Dann lächelt er. Er würde am liebsten weitermachen, doch gleich kommen die Fechter, da muss die Halle leer sein. Alle packen mit an, räumen die Tische weg und freuen sich schon auf den großen Tag: Am 22. September, 15 Uhr, steht das erste Heimspiel der TSG an. Die Lauterer empfangen den SB Versbach.
Xi Wang denkt, die Chancen sind ganz gut, dass sein Team den Aufstieg schaffen könnte. „Aber wir kämpfen um jeden Ball und jeden Punkt. Es wird nicht einfach, aber wir probieren es.“